Vanessa Licht

Rasende Reporterin

DJ Mauri Q: „Wir halten durch“

Die aktuelle Situation zwingt Kunst und Kultur in die Knie. Um der Szene eine Plattform zu geben, bittet die rasende Reporterin Vanessa Licht DJs, Clubchefs und viele weitere zum Interview unter dem Motto „Wir halten durch“. Heute kommt DJ Mauri Q zu Wort.

Mauri Q begann bereits 1995 mit dem Auflegen und kennt die Wiener Clubs wie seine Westentasche. Zehn Jahre Platzhirsch, etliche Gigs beim beliebten Büroschluss oder dem neuen Brunchclub – er kann jedes Publikum in Stimmung bringen!

(c) Tim Walker/Spelunke

Wie frustrierend ist die aktuelle Situation?
Es gibt Ups und Downs, im ersten Lockdown am Anfang noch frustrierender wegen der Anpassung an die Situation, aber das ging dann sehr schnell, weil es sein musste. Ich habe drei Kinder (zwei große aus 1. Ehe) und wir mussten mal alle lernen, so lange so viele Tage zusammen in einem Haushalt zu sein, aber es geht jetzt schon besser – vor allem, nachdem die Gastronomie (arbeite unter tags für ein Gastronomiemagazin – A LA CARTE) ab Mitte Mai wieder öffnete und es bis 31. Oktober eigentlich sehr gut ging. Seit November ist es natürlich wieder ein wenig „zach“, wie man so schön in Wien sagt, aber wenn man 25 Jahre DJ ist, genießt man doch, ein wenig früher schlafen zu  gehen und ein wenig relaxter zu sein. Man kann ja eh nichts ändern, also mache ich das Beste draus und genieße die Zeit zu Hause (also abends).

Das Thema des Interviews lautet „Wir halten durch“ – WIE hältst du durch?
Mit einem Bürojob (DJ ist ja seit einigen Jahren nicht mehr Haupteinnahmequelle, bzw hatte immer Tagesjobs) und drei Kids bin ich eh immer auf Trab, im Lockdown noch mehr. Meine Frau und ich wechseln uns mit der Hausarbeit ab und mein 4-jähriger Sohn sorgt sowieso dafür, dass ich mich genug bewege. Habe heuer erstmals auch mein Rad und meine Radkleidung auf Winter um/eingestellt und wir sind im Winter oft mit dem Rad unterwegs. Dazu hat meine Frau abends mit Yoga begonnen – also durch YouTube Tutorials – und motiviert mich, auch mehr zu machen, klassische „oldschool“ Übungen: Liegestütz, Situps, Kniebeugen.. dazu habe ich in den Monaten, wo man wieder durfte (also konkret ich ab Ende August) wieder mit zwei alten Sport „Lieben“ begonnen, die ich schon lange nicht mehr gemacht hatte: Crossfit und Thai-Boxen, das fehlt mir zwar jetzt in den letzten Monaten schon sehr, aber wie gesagt – ein paar Basic-Übungen kann man zu Hause machen. Und viele neue Rezepte probieren, denn ich koche sehr gerne, das lenkt ab und relaxet mich sehr…

Rechnest du damit, eines Tages wieder aufzulegen oder müssen die Fans bangen, dass du deine Karriere an den Nagel hängst?
Natürlich rechne ich damit und werde auch bald wieder auflegen. Die Spelunke und Veranstalter Patrik Gräftner haben dieses geniale Konzept des „Brunch Clubs“ erfunden, da wird für eine fixe Summe all you can eat/drink auf hohem Niveau angeboten und dazu gibt’s coole DJ Tunes von mir und DJ Prince Moe, das startet schon um 12 Uhr mittags und geht bis 18 Uhr. Sobald die Gastronomie wieder öffnen darf, (März?) ist der erste Gig da. Natürlich tragen wir alle dann Mund-Nasen-Schutz wie schon im Oktober, wo die ersten Brunch Clubs stattgefunden haben.

Dazu freue ich mich schon auf die Sommer-Saison, im freien aufzulegen, ist ja am sichersten und ging 2020 ohne Probleme. Da habe ich am Vienna City Beach Club schon meinen fixen Tag (Mauris Club) ab Juni 2021 – so wie 2020. Also auflegen werde fix heuer noch, aber ab wann, das ist die Frage.

Wie hältst du dich aktuell über Wasser?
Wie gesagt habe ich und hatte immer neben dem Auflegen fixe Bürojobs, die mehr oder weniger kompatibel mit dem Auflegen waren – und den habe ich zum Glück jetzt auch und bin dankbar, dass wir nicht lange in Kurzarbeit waren und sonst das Jahr 2020 sehr gut war. Aber klar, manche Kunden buchen nicht (ich bin Anzeigenleiter) und auch bei den DJ.Gagen spürt man Einbußen. Ich musste mir 2020 schon Geld ausborgen, denn Corona hat mir gezeigt, dass mein Finanzplan nicht sehr gut ist und ich nicht genug Rücklagen habe. Somit habe ich auch Dinge geändert, dies und das storniert, was nicht notwendig war und da und dort gespart, soweit es geht. Ich bin ja auch verheiratet und denke, zu zweit ist es sicher leichter als für Singles.

Wie lange ist die aktuelle Situation für dich noch tragbar?
Die Frühlings-/Sommersaison ist schon in Sicht und die war für mich 2020 sehr gut – ab Juni. Ehrlich gesagt waren Jänner bis März nie so die top Monate als DJ. Ich hatte eventuell ein wenig mehr durch Residencies in Bars, aber Jänner/Februar speziell waren nie so stark. Ich hatte zwei bis drei Bookings pro Monat in meinen Stammclubs (zuletzt Platzhirsch), aber auch hier ist seit März 2020 zu.. und die Indoor-Clubs werden leider nicht so schnell aufsperren. Open-Air Locations und Bars mit Terrasse öffnen in absehbarer Zeit, natürlich nur mit Mund-Nasenschutz.

Wie schlimm sieht es finanziell aus?
Wie oben beschrieben hält es sich in Grenzen, aber Corona (und jede andere Krankheit oder beispielsweise ein Unfall) haben/hätten mir auch aufgezeigt, dass ich zu wenig spare und zu wenig auf der Seite habe. Ich musste mir 2020 schon Geld ausborgen, habe aber auch drei Kinder und zahle Alimente sowie Privatschule. Von Juni bis Oktober gab es noch genug DJ Jobs, aber klar merkt man, dass alle Großevents abgesagt werden mussten, alle Hochzeiten und Weihnachtsfeiern dazu.

Könntest du dir vorstellen, in der jetzigen Situation eine Lösung zu finden, wie du unter Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen auflegen könntest?
Wie es der Brunch Club oder die anderen Bars, in denen ich im Herbst aufgelegt habe, gezeigt haben, geht es einfach nur mit richtigem Schutz: Nur Sitzen, Tanzen wenn mit Mund-Nasenschutz oder genug Abstand. Ich habe kein Problem mit FFP2 Masken und wenn wir uns an die Vorgaben halten, dann könnten wir die Gastronomie sicher wieder aufsperren. Und wenn in Zukunft Impfung für Reisen, Clubbesuche und so weiter vorgeschrieben werden, habe ich kein Problem damit. Jeder von uns hatte auch als Kind einen Impfpass, es gibt gewisse vorgegebene Impfungen – wie in meiner Kindheit bei den Pocken oder eben für Reisen Malaria und Co. –ich verstehe das große Trara da nicht. Wieso soll es dann für Covid in Zukunft keine Vorschrift geben, wenn man damit Menschen und vor allem die Wirtschaft rettet? Ich wäre für eine Impfflicht, aber das ist ja ein sehr heikles Thema.

Trittst du bei online Stream-Events auf oder bist schon aufgetreten? Wie empfindest du solche Events?
Nein, mache ich nicht. Ein paar Kollegen wie DJ Bianca Poro, Steve Hope, Nikolaus Mautner-Markhof aber, sehr gut sogar. Aber ehrlich gesagt hat durch Corona jeder Hobby-DJ (ohne nennenswerte reale Bookings davor) plötzlich beschlossen: „Ich lege mal online auf, das ist cool, da werde ich berühmt.“ Dann gab eine Flut an Streams. Mein Credo: Qualität vor Quantität. Aber Streams: na, nicht so meins, sollen es die anderen machen, wenn sie meinen.

Produzierst du selbst Songs, um in dieser Zeit aktiv zu bleiben?
Nein, ich habe zu einer Zeit als DJ begonnen (1995), wo produzieren sehr aufwendig und kostspielig war. Da gab es keine günstige Software – somit habe ich mich rein auf das Auflegen konzentriert und der Erfolg spricht für sich. Ich bin, glaube ich, der älteste aktive DJ, der in Innenstadtclubs (vor Corona) und Bars auflegt und das nicht selten in den letzten Jahren.
(Info der Redaktion: Auch DJ David Jerina begann 1995)

Wenn du nächstes Wochenende wieder auflegen dürftest, wo würde man dich finden?
Spelunke beim Brunch Club (samstags) und in der 57 Restaurant & lounge by Melia vienna (freitags)! Da bin ich auch im Resident Pool. Wir warten nur, dass die Gastronomie wieder aufsperren darf – und natürlich wieder im Platzhirsch, wo ich seit zehn Jahren spiele.

Was sind deine Hoffnungen für die Zukunft?
Dass die Nachtgastronomie wieder öffnen darf.  Ich habe von 1995 bis Ende 2019 so viele coole Parties erlebt – als DJ in allen bekannten Clubs in Wien (U4, Volksgarten, Platzhirsch, Babenberger Passage, Club Schwarzenberg) aufgelegt und habe so viele Kollegen und Freunde in dieser Branche, denen es wirklich nicht gut geht. Ja, auch den Eigentümern geht es nicht gut – Rücklagen hin oder her – aber vor allem jeder einzelne DJ, Kellner, Security, LJ, Fotograf, die Klofrau leidet – eben alle, die warten, dass sie wieder in ihrem Haupt-/bzw Lieblingsjob arbeiten dürfen. Da hoffe ich, dass alle bald wieder arbeiten dürfen.

Möchtest du deinen Fans noch etwas sagen?
Danke für die Treue. Es war im Sommer 2020 genial, zu sehen, wie so viele bekannte Gesichter zu meinen Gigs kamen und natürlich hatten alle Musik-Entzug, weshalb da wirklich tolle Abende dabei waren. Aber vor allem will ich den Betreibern und Veranstaltern DANKE sagen, dass sie einen Routinier wie mich seit so vielen Jahren buchen. Das ist nicht selbstverständlich, da viele junge, sehr gute DJs in den letzten Jahren nachgekommen sind, aber bei mir wissen die Veranstalter, dass ich ein sehr breites Publikum (vom Alter her) und Musikspektrum abdecke und sicherlich noch einige Jahre in der Szene unterwegs sein werde.

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